Schon wieder eine so typische Komödie? Das wiederkehrende Thema einer vielbeschäftigten, vermeintlich unzufriedenen Frau mittleren Alters (natürlich single) trifft endlich auf den Mann ihrer Träume, der ihre Liebe erobern soll…
Das trifft zwar auf dem Papier auch auf Ich bin dein Mensch zu, aber ganz so einfach ist es diesmal nicht. Denn der Traummann ist in diesem Fall gar kein echter Mann, sondern ein Android, der darauf programmiert wurde perfekt zu passen. Ob so eine Beziehung überhaupt funktionieren kann und darf, ergründet für uns diese romantische Sci-Fi-Komödienmischung der Regisseurin Maria Schrader, welche einige vielleicht schon von ihrer Netflixminiserie Unorthodox oder vom Film Vor der Morgenröte kennen. Diesmal hat sie sich der Verfilmung von Emma Braslavsky's gleichnamiger Kurzgeschichte angenommen.

Alma und Roboter Tom beim ersten Date. © Majestic Filmverleih

Der Annährungsprozess zwischen Anthropologin Alma (Maren Eggert) und dem Androiden Tom (Dan Stevens) beginnt klassisch mit einem Blind Date. Wobei man nicht argumentieren kann, dass Tom noch nichts über Alma weiß. Schließlich wurde er vorab mit Daten aus intensiver wissenschaftlicher Befragung und neurologischen Scans von Alma höchstpersönlich gefüttert. Seltsamerweise schafft er es trotz seines britischem Akzent, originellen Vergleichen zwischen Augenfarben & Bergseen und einer nette Tanzeinlage nicht ihr Herz zu erobern. Er muss also nochmal feinjustiert werden, bevor der richtige dreiwöchige Testlauf starten kann.

Alma ist nämlich nicht wirklich auf der Suche nach einem Partner. Sie erfüllt damit lediglich einen Gefallen für einen befreundeten Vorgesetzten aus dem Ethikrat. Eigentlich ist sie viel zu sehr in ihre sumerischen Keilschriften vertieft um sich dem ethischen Diskurs zu widmen, denn am Ende der Testphase soll sie beurteilen ob Androiden für menschliche Beziehungen zugelassen werden sollen. Durch ihr entnervtes Desinteresse macht der Film recht schnell klar, dass er das Sci-Fi-Setting nicht nutzen will, um eine tiefgreifenden philosophischen Auseinandersetzung mit dem Thema Roboterrechte darzustellen. Was auch vollkommen okay ist für eine deutsche Komödie. Haben wir lieber Spaß an der Interaktion zwischen Überchameurroboter Tom und den anderen humanoiden Fleischlingen.

Erwähnt sei an dieser Stelle, dass sich der Film seltsamerweise nicht traut das Wort Android in den Mund zu nehmen und konsequent nur von humanoiden Robotern spricht. Mir ist das persönlich etwas zu unpräzise und ich denke dann eher an japanische Pflegeroboter. Dabei sollte man annehmen, dass das deutsche Publikum doch mit dem Thema vertraut sein sollte, schließlich hat es Fritz Lang schon 1927 in Metropolis als "Maschinenmensch" aufgegriffen.
Bei den vielen US-amerikanischen Science-Fiction-Filmen oder den jahrzehntelangen Fernsehwiederholungen von Star Trek, könnte eigentlich schon mal die Vokabel untergekommen sein. Und vielleicht lesen einige von euch diesen Text sogar gerade auf einem Android.

Wie dem auch sei, die Art wie Dan Stevens einen Androiden verkörpert, der auch noch damit spielt einer zu sein, ist einfach fantastisch. Durch die Paarung von erotischem Akzent und einfühlsamer Plumpheit, kommt im Film nie der Verdacht auf, dass es sich um einen echten Menschen handeln. Sein wunderbar erfrischend nuanciert lustvolles Schauspiel hat mich während des Films mehrfach wundern lassen, wieso mir der Schauspieler vorher noch nie im deutschen Film untergekommen war.
Nach dem Film stellte sich dann des Rätsels Lösung raus: Dan Stevens ist Brite!
Das erklärt zwar wie er den britischen Akzent bis ins Kleinste perfektionieren konnte, aber umso fulminanter wirken dadurch seine Deutschfertigkeiten. Wahnsinn, laut Wikipedia spricht der Herr übrigens auch noch fließend Französisch!
Seine Besetzung für diese Rolle war auf jeden Fall ein Geniestreich. Mit seiner roboterhaften Künstlichkeit fügt er sich perfekt in die deutsche Schauspielschule der übertriebenen Theatralik ein. Was mich sonst immer sehr an deutschem Filmschauspiel stört, wird hier handlungstechnisch sinnvoll verpackt. Wer würde nicht einen befremdlichen Sprachstil an den Tag legen um mit einem Roboter zu kommunizieren? Der Plausch mit heutigen Spracherkennungssoftwares ist ja auch immer noch sehr befremdlich und durch die leicht entstehenden Missverständnisse fängt man schnell an sich auch in einer Überdeutlichkeit zu artikulieren.

Verständlicherweise hat der Film auch den Silbernen Bären für die beste Schauspielerische Leistung in einer Hauptrolle abgesahnt! Seltsamerweise jedoch nicht für Dan Stevens sondern für Maren Eggert?! Komische Juryentscheidung, da seine Leistung meiner Meinung nach eindeutig den Film trägt.

Die Mitarbeiterin der Firma schaut vorbei wie es Tom & Alma geht. © Majestic Filmverleih

Die Darstellerin Sandra Hüller ergänzt das Paar in ihrer Nebenrolle als Mitarbeiterin der Roboterfirma, die den Übergabe- und Bewertungsprozess von Tom betreut. Ich hätte mir mehr Szenen mit ihr gewünscht, allerdings kann ich verstehen, dass ihre Rolle nicht mehr hergegeben hat.

Das Tolle an dem Film ist, dass sich die Charaktere so verhalten wie echte Menschen. Wer würde nicht in einem Raum voller Hologramme anfangen jede Projektionsfigur zu berühren und zu durchstreifen? Oder beim ersten Anblick eines waschechten Androiden, die Qualität begutachten zu wollen, in dem man ihn ins Gesicht und den Haaransatz fasst? (Alltagsrassismus lässt grüßen)

Leider besitzt der Film aber auch einige Logiklücken im Skript und teilweise Szenenanschlussfehler, wo ein Nicht-Android plötzlich unbeschadet barfuß durch einen Scherbenhaufen laufen kann. Da sollte man bereit sein drüber hinwegzusehen in solchen Komödien. Inszenatorisch und musikalisch bleibt der Film sehr bodenständig. Das einzige cineastische Highlight bilden die fantastischen Nachtaufnahmen vom Pergamonmuseum in Berlin, insbesondere Säulenfans unter euch sollten aufhorchen.

Am Ende kommt der Film dann doch nicht drumherum zum Thema Roboterliebschaften Stellung zu beziehen, tut dies jedoch in einer würdevollen Weise und lässt sich sogar noch ein paar Interpretationshintertüren offen, die zum Nachdenken anregen können.

Maria Schraders Ich bin dein Mensch sticht aus dem deutschen Komödieneinheitsbrei hervor und kann ein paar Leute unterschwellig an das Mensch-Roboter-Thema heranführen ohne zu sehr mit dem Sci-Fi-Lattenzaun zu winken. Und Sci-Fi-Fans können sich trauen reinzuschauen, falls sie mal einen Androiden mit einer ganz anderen Chameurklasse sehen wollen. Der Film beweist, dass die deutsche Komödie sich in Zukunft gerne mehr Themenabwechslung trauen darf.

Der Trailer für Humanoiden die Trailer schauen. © Majestic Filmverleih

Achja und einen Schmunzler hatten die Credits auch noch parat, die Corona-Schutzbeauftragte trägt den Namen Corinna. Auf diese neue Filmproduktionsaufgabe darf man sich in nächster Zeit wohl öfter einstellen. Dem Film selber merkt man gar nicht an, dass er unter erschwerten Pandemiebedingungen entstanden ist. Vermutlich sind Androiden einfach keine Überträger…

Ich bin dein Mensch läuft seit dem 1. Juli 2021 in den deutschen Kinos.