Klopapierrollen steigern gerade die Klick-Zahlen ungemein, da kann das KiK nicht hinten bleiben! Und mit dieser zwar etwas gezwungenen Überschrift haben wir zudem noch ein schönes Akronym, das den Maßnahmen von Verstaatlichung, Grenzschließung, leeren Regalen und Ausgangssperre auch vollumfänglich gerecht wird - was will man mehr? Lukas, Olli und ich geben im Folgenden dann ein paar erste Tipps für die Zwangstage daheim. Ach, und denkt bitte daran, in die Armbeuge und nicht direkt in den Blog hinein husten!


Am Anfang steht hier ja normalerweise hinter einem Datum ein Veranstaltungstipp. Und ich könnte jetzt natürlich schreiben: Montag, 23.03.: Frühstück im Wohnzimmer mit anschließendem Ausflug ins eigene Bad, aber das ist eher so mitteldröger WhatsApp Humor, mit dem mich Bekannte momentan schon ausgiebig versorgen. Allerdings gibt es immer noch ein Draußen, also jener magischer Raum, der direkt hinter der eigenen Wohnungstür beginnt. Ihr könnt es mir glauben, ich war da. Man soll dahin ja nur nicht mehr mit den sieben, acht Lieblingskumpels hin, da der Staat Angst hat, dass man sich als Bande giggelnd durch die Straßen bewegt und laut "Corona!" rufend absichtlich alte Leute anhustet. Allein durch die Straßen zu flanieren ist nach wie vor erlaubt und zudem deutlich gehaltvoller als bei sieben, acht Bier dumpf im Park abzugruppen. Geht doch mal wieder an Eurem Lieblingskino vorbei und malt Euch aus, wie es sein wird, wenn Ihr wieder rein könnt. Oder spielt Euer ganz persönliches Dresdner sucht sich seinen Lieblingsstadtteil. Die kriegsunversehrten Gebiete von Blasewitz bis Wilder Mann sind im beginnenden Frühlingslicht herrlichste Orte und man kommt auch mal wieder an die frische Luft.


Lukas
Netflix, Amazon Prime, Sky oder nunmehr Disney+ sind ja in aller Munde (und Empfangsgeräte), aber der wahre Cineast konsumiert seine Filme natürlich über MUBI. "Was, verflixt noch mal, ist jetzt schon wieder MUBI?", wird sich nun so mancher bestimmt fragen. MUBI ist ein Filmvertrieb, welcher eine Streaming-Plattform inkl. sozialem Netzwerk anbietet, welche sich an Filmfans mit gehobenem Anspruch richtet. Der Unterschied zu Netflix und Co.: Das Angebot ist kuratiert. Gleichzeitig stehen immer 30 Filme zur Verfügung, jeden Tag verlässt ein Film das Angebot und ein neuer Film kommt dazu. Dadurch wird stets ein abwechslungsreiches und anspruchsvolles Programm gewährleistet, eine bunte Mischung aus Klassikern, Neuerscheinungen, Festivalhits und internationalen Arthaus-Geheimtipps. So kann man sich hier aktuell für einen schmalen Taler (die ersten drei Monate kosten einen Euro!) z.B. den chilenischen Oscar-Gewinner Eine fantastische Frau, Lars von Triers Dogma-95-Film Idioten, den Chaplin-Klassiker Der große Diktator oder den brasilianischen Cannes-Jurypreis-Gewinner Bacurau (ein MUBI-Exklusivtitel!) zu Gemüte führen.

Gegründet hat die Plattform der türkische Unternehmer Efe Çakarel, welcher die Idee dazu hatte, als er in einem Tokyoter Café nirgends Wong Kar-wais Meisterwerk In the Mood for Love streamen konnte. Die meisten würden wohl zustimmen, dass das ein legitimer Grund ist, um einen eigenen Streaming-Dienst auf die Beine zu stellen.

Ich nutze MUBI nun seit etwa zwei Monaten und habe schon einige Filme geschaut, auf die ich sonst kaum gestoßen wäre, und an welche man in Deutschland teilweise auch gar nicht so einfach rankommt. Besonders beeindruckt hat mich beispielsweise Vermisst des griechischen Regisseurs Costa-Gavras, dem Meister des politischen Thrillers. Costa-Gavras, dessen umwerfend spannender Klassiker Z – Anatomie eines politischen Mordes Ende der 60er sowohl die Goldene Palme, als auch zwei Oscars gewann, schuf mit Vermisst aus dem Jahr 1982 einen Thriller, welcher den Schrecken des chilenischen Militärputsches schonungslos und authentisch abbildet. Ein junger, idealistischer Amerikaner verschwindet spurlos in der chaotischen Zeit kurz nach dem Putsch. Sein Vater (Jack Lemmon, Oscar-nominiert für diese Rolle), ein patriotischer US-Bürger, reist nach Chile und verliert auf der Suche nach seinem Sohn nach und nach das Vertrauen in sein Vaterland, je mehr er über die Beteiligung der USA am Putsch erfährt. Hervorragende Schauspielleistungen, intensive Bilder, ein stimmungsvoller Vangelis-Soundtrack und ein Oscar-prämiertes Drehbuch, das immer noch als Lehrstück für effizientes Erzählen genutzt wird.

Dass der Film mittlerweile leider nicht mehr auf MUBI verfügbar ist, demonstriert gut den wohl größten Schwachpunkt der Plattform. Doch dafür kann man mittlerweile schon die nächsten spannenden Filme streamen. Die Verfilmung eines Fassbinder-Theaterstückes von François Ozon? Immer her damit!

Olli
Falls ihr zu Leuten zählt, die in Krisenzeiten gerne themenbezogene Filme schauen, um eine Art Karthasis zu durchleben, dann ist nicht ohne das Genre des Zombiehorrors auszukommen. Ich will hier garnicht auf die zahlreichen Facetten des Genres hinweisen, sondern lieber einen Blick zurückwerfen.
Auf den Ursprung des Genres aus dem Jahre 1968:

George A. Romeros "Night of the Living Dead" hat damals den heute modernen Zombie erfunden. Auch wenn dieses Wort im Film selber nie verwendet wird, dort werden die menschenfleischfressenden Wesen einfach nur Ghouls genannt.
Ebenso wurde der Arbeitstitel des Filmklassikers erst kurz vor Schluss von "Night of the Flesh Eaters" auf "Night of the Living Dead" geändert und dabei ausversehen das Copyrightsymbol vergessen. Was bei der damaligen Gesetzeslage für geistiges Eigentum dazu führte, dass der Film automatisch zur Public Domain gehörte. Dieser Fuckup, löste im Folgenden eine riesige Verbreitung und Popularität des Films aus und im Nachgang mehrere Filmreihen und nicht zu letzt das heute allseits bekannte Genre des Zombiehorrors.

Wer mehr über die Lizenzhintergrundgeschichte wissen will:
https://blog.archive.org/2020/02/24/love-zombies-thank-the-public-domain/
oder einfach Lust bekommen hat, den Film zu schauen, sei hier geholfen:

Archive.org stellt den kompletten Film kostenlos und frei stream- und herunterladbar zur Verfügung.In der Filmbibliothek befinden sich auch noch einige andere Filmklassiker, die inzwischen gemeinfrei sind.
Stöbern lohnt sich also!

Martin
Tja, so richtig zum Film schauen kam ich in den letzten Tagen gar nicht. Zu sehr stand auf meinem inneren Besorgungszettel einen stabilen Tagesrythmus aufzubauen, zu putzen und mich an den Batzen sich aufgestaut habender Wohnungsverschönerungsmaßnahmen zu wagen. Einzig der Stummfilm "Die freudlose Gasse" (Mmmh, Greta Garbo und Asta Nielsen!!!) lief über meine Flimmerkiste, war aber, da bin ich nicht bei Olli, etwas anstrengende Lektüre wenn draußen die Situation eher trübe ist und man selbst aus dem Fenster auf ein Art Äquivalent des Filmtitels gucken kann. Direkt gegenüber steht nämlich immer einer hinterm Fenster und raucht in seiner Küche. Stets grimmig guckend schaut er dabei meist direkt in meine Wohnung rein. Zwischendurch rotzt die Person dann auf die parkenden Autos. Mir war da eher nach ein paar Schnipseln leicht konsumierbaren Humors und fand ihn bei Stephen Colbert, den man gerade unter den Bedingungen der sozialen Distanzierung in seiner Wohnung inszenieren lässt.