Ein großer Vorteil Mitglied im Kino im Kasten zu sein, ist der offizielle Status als Kinobetreiber*in. Damit kann man nicht nur regelmäßig an Pressevorstellungen teilnehmen und somit Filme vor allen anderen sehen, sondern unter anderem auch als Mitglied des “Filmbusiness” an Filmfestivals teilnehmen. Was liegt also näher als sich eine Akkreditierung, eine günstige Dauerkarte für Fachbesucher*innen, für das Festival vor der Haustür zu holen? Das habe ich getan… mal wieder.

Logo des 31. Filmfest Dresden © Filmfest Dresden

Zum achten Mal in Folge besuche ich jetzt also im Namen des Kino im Kasten das mittlerweile 31. Filmfest Dresden und widme mich fast eine Woche lang dem absoluten Kinomarathon. Zum Glück erinnere ich mich nie an den Vorsatz nach dem letzten Filmfest, sich nächstes Mal etwas zurückhalten zu wollen. Das wäre bei dem Angebot auch einfach Verschwendung!

Das 31. Filmfest Dresden in Zahlen:

  • 388 Filme, davon
    • 29 Filme im Nationalen Wettbewerb
    • 47 Filme aus 37 Ländern im Internationalen Wettbewerb
  • 27 Wettbewerbsprogramme
  • 37 Sonderprogramme
  • 67.200 Euro Preisgeld insgesamt für Goldene Reiter und Sonderpreise
  • 500+ akkreditierte Fachbesucher*innen aus über 20 Nationen anwesend

Ich möchte gerne behaupten, dass sich beim Besuch eines Kurzfilmfestivals irgendwann eine Art Routine einstellt und man mit einer selbstverständlichen Coolness durch das Festival stolziert, doch ich merke jedes Mal aufs Neue, dass dem keinesfalls so ist. Jedes Jahr sitze ich dann doch beim ersten Besuch eines Kurzfilmprogramms da, wie ich wohl als kleiner Junge 1994 in der ersten Vorstellung von König der Löwen saß. So ein Programm bietet einfach eine Dramaturgie, wie es kein Langspielfilm auch nur annähernd erreichen kann. Aus diesem Grund haben es mir die Wettbewerbe besonders angetan, da diese thematisch, stilistisch und technisch so unheimlich abwechslungsreich sind.

Aber auch das Sonderprogramm hat in diesem Jahr wieder viel zu bieten. Der thematische Fokus des Filmfest Dresden heißt diesmal „Transformation und Umbruch“. Für mich persönlich ein absoluter Volltreffer, da ich als klassischer Langzeitstudent der Soziologie gerade meine längst fällige Diplomarbeit im Bereich der Transformationsforschung plane. Auch ohne zukünftige Brotlosigkeit zu studieren bzw. studiert zu haben, kann ich den Schwerpunkt Kuba – Das Erbe der Revolution für den Filme aus kubanischen Archiven geholt wurden, die als längst verschollen galten, wärmstens ans Herz legen.

Bild aus: "Salut Les Cubain" Experimental-Doku im Programm "Schwerpunkt Kuba 5" © Filmfest Dresden

Das zweite große Sonderprogramm "Diskurs EUROPA: Invektivität – Das Zeitalter der Wut" mag Studis des Bereichs für Geistes- und Sozialwissenschaften bekannt vorkommen. Seit 2017 existiert an der TU Dresden der große interdisziplinäre Sonderforschungsbereich 1285 unter dem Namen "Invektivität. Konstellationen und Dynamiken der Herabsetzung". Dieser versteht Phänomene der Schmähung und Herabwürdigung, der Beschämung und Bloßstellung als epochen- und kulturübergreifend und untersucht diese auf ihre gleichzeitig destruktive und produktive Wirkung. Sorry, so viel Fachsprache sollte erlaubt sein.
Wie dem auch sei, die Mitarbeiter*innen des Sonderforschungsbereichs haben schon einige spannende Veranstaltungen in der Stadt organisiert. Ich kann nur empfehlen ein Auge auf deren Angebot zu haben und das kann ich unbefangen sagen, da ich meine Prüfungsleistungen bei den Angestellten bereits abgelegt habe.

Wie vermutlich offensichtlich wird, bin ich nach all den Jahren ein wirklich großer Fan des Filmfest Dresden. Bei den liebevoll kuratierten Programmen kann man sich nahezu immer sicher sein, dass die Filmauswahl stimmt. Zudem ist bei der Bandbreite an Programmen für jede*n was dabei. Das kann man in diesem Jahr noch wörtlicher nehmen, da das Angebot an barrierefreien Programmen auch wieder zugenommen hat. So finden bspw. jeden Tag mehrere Veranstaltungen mit Gebärdenübersetzungen und Untertiteln auf englisch und deutsch statt. Also tut euch selbst den Gefallen und stattet mindestens einem Programm des Filmfest Dresden einen Besuch ab (im Idealfall natürlich nicht heute und Samstag, wenn wir hervorragendes Kino im KiK zeigen).

Bild aus "Gimny Moskovii": Da kann kein Sci-Fi-Film mithalten! © Filmfest Dresden

Wo sonst sieht man an nur einem Tag

  • einen Spielfilm von einer jungen Filmstudentin über den hohen Rationalisierungsdruck von Lkw-Fahrer*innen auf deutschen Autobahnen,
  • einen gleichzeitig impressionistischen und expressionistischen Animationsfilm über Fluchtwege von Kindern,
  • eine Hommage an die Jugend zweier fiktiver Wiener Musikproduzenten in der österreichischen Pampa,
  • ein kompromisslos ehrliches Porträt eines alternden Pärchens,
  • sozialistische und postsozialistische "Luft(schiff)schlösser" Tür an Tür,
  • und noch vieles mehr!?

Für alle, die keine Zeit und Muße haben das Programm durchzuarbeiten, kann ich folgende Programme ohne zu zögern empfehlen:

  • Internationaler Wettbewerb 04
    ** Do. 22:30 Schauburg / Leone-Saal
    ** Fr. 10:30 Schauburg / Leone-Saal
    ** Sa. 12:30 Schauburg / Leone-Saal

  • Nationaler Wettbewerb 04
    ** Do. 20:15 PK Ost/ Gloria
    ** Fr. 14:30 Schauburg / Lang-Saal
    ** Fr. 17:00 Kino in der Fabrik / Saal F
    ** Sa. 12:00 Schauburg / Lang-Saal

Viel Spaß dabei und

Titelbild © Filmfest Dresden