Uff, einen Monat ohne Corona Care-Paket???? Ist das KiK wahnsinnig geworden, die lieben 2, 3 Blog-Leser einfach so im Stich zu lassen? Nun, offen gestanden mussten auch wir ein paar Wunden lecken, immerhin wäre es ja im April los gegangen. Aber dann ist unsere wohl-vorbereitete Kinorakete einfach so, ohne einen gleißenden Feuerstrahl am Himmel zu erzeugen, am Boden geblieben. Aber jetzt, da man sogar vorsichtig wieder an einen Kinobetrieb im Sommer denken darf, wollen wir Euch auch mal wieder mit ein paar Tipps versorgen!


Flughafen und Flutrinne, draußen werden gerade ein paar Leinwände für PKW-Lenker errichtet! Wer also selbst Chauffeur ist oder Automobilisten im Freundeskreis hat, kann schon wieder eine Art Kino genießen. Das stimmt doch hoffnungsfroh! Und falls sich jemand noch um seine bis auf weiteres geschlossenen Stammkinos kümmern möchte, dem sei erneut zu einem Gutschein geraten! Schauburg, KiF oder PK-Ost, die meisten Programmkinos bieten so etwas an. Hinterher könnt Ihr dann auch dreist behaupten, Ihr hättet die Dresdner Kinolandschaft gerettet.


Lukas
Wenn man sich in der Selbstisolation dem Streaming zuwendet, muss es nicht immer schwere Kost sein. Manchmal hat man, nachdem man Filme vom cineastischen "Pile of Shame" abgearbeitet hat, wie Songs from the Second Floor, Synecdoche New York oder Mishima: A Life in Four Capters auch einfach mal Lust auf lockere Unterhaltung zum gepflegten Binge-Watching. Da trifft es sich doch perfekt, dass Netflix seit dem 1. April Community im Programm hat. Die Serie von Dan Harmon (später einer der beiden Schöpfer von Rick and Morty), in dessen Mittelpunkt eine bunt zusammengewürfelte Gruppe von Studenten am fiktiven Greendale Community College steht, gilt (neben z.B. The Office, Arrested Development oder Parks & Recreation) als eine der besten US-Sitcoms. Anders als bei hierzulande bekannteren Genrevertretern, wie Two and a Half Men oder The Big Bang Theory, wird Community nicht im Studio vor Live-Publikum aufgezeichnet, ist dementsprechend dynamischer inszeniert und hat keine eingespielten Lacher auf der Tonspur. Die Serie, deren erste Staffel im Jahr 2009 auf dem Sender NBC anlief, fungierte für einige der Beteiligten als Karrieresprungbrett. So hatte Donald Glover, mittlerweile Emmy- und Golden-Globe-Preisträger für seine eigene Serie Atlanta und auch als Musiker unter dem Namen Childish Gambino enorm erfolgreich, hier seine erste größere TV-Rolle als ehemaliger Highschool-Football-Jock Troy Barnes. Im Rahmen von Community traf Glover auch auf den Komponisten Ludwig Göransson, welcher später als Musikproduzent der meisten Gambino-Tracks fungierte und für Black Panther letztes Jahr einen Oscar für die Beste Filmmusik gewann. Bevor die Russo-Brüder mit Civil War und Avengers 3 und 4 einige der erfolgreichsten Filme der Kinogeschichte drehten, waren sie als Regisseure und Produzenten an Community beteiligt.

Aufgrund der Mitwirkenden und der großen Vorschusslorbeeren habe ich mich dazu entschieden, mal in die Serie reinzuschauen. Irgendwann konnte ich nicht mehr aufhören und vier Wochen und die ersten beiden Staffeln später kann ich nur bestätigen, dass die Serie ihr Lob verdient. Sympathische Charaktere (meine Lieblingsfiguren: Troy und Abed!), tonnenweise Meta-Humor, Popkultur-Referenzen und eine enorm hohe Gag-Dichte (die im klassischen Sitcom-Stil mit Aufzeichnung vor Live-Publikum nie so möglich wäre) machen Community zu einem Muss für alle, die auch nur im Geringsten etwas mit amerikanischer Comedy anfangen können. Die Serie startet (zumindest nach der durchwachsenen Pilotfolge) stark und wird immer kreativer, insbesondere wenn ab der zweiten Staffel mehr und mehr Folgen ein bestimmtes Konzept verfolgen (z.B. eine Hommage an ein bestimmtes Werk oder Genre darstellen). Absolutes Highlight: Die beinahe kinoreif inszenierten Paintball-Episoden!

Typisch: Die Abspann-Szenen, anfangs meist mit Abed und Troy © Sony Pictures Television

Olli
Auch wenn die große Universal-Boykott-Nachricht in deutschen Medien etwas untergegangen ist, kommen wir natürlich unserer Chronistenpflicht nach:

Nachdem das Major-Studio Universal Pictures sich durch die Coronapandemie gezwungen sah, den Kinostart des, vom Tochterunternehmen DreamWorks animierten, Trolls World Tour als Video-On-Demand anzubieten, spielte dieser innerhalb von 3 Wochen nach Onlinerelease über 100 Millionen $ ein. Dieser unerwartete Streamingerfolg brachte Jeff Sell, den Chef des Mutterkonzerns NBCUniversal, dazu anzukündigen, dass Filme nach Kinowiedereröffnung vermutlich in beiden Formaten angeboten werden. Heißt im Klartext, dass es zeitgleich zum Kinostart auch den VoD-Start geben wird.
Ohne diesen Exklusivstart würden Kinos allerdings ihr wichtigstes Alleinstellungsmerkmal verlieren, was vermutlich das derzeitige Kinosterben umso mehr beschleunigen dürfte.

Entsprechend harsch reagierte darauf Adam Aaron, der Chef der weltgrößten Kinokette AMC (zu welcher übrigens auch die deutschen UCI Kinos gehören) mit einem offenen Brief an Universal. Darin droht er damit, dass unter diesen Umständen keine neuen Universalfilme in den weltweit über 1000 AMC-Kinos vorgeführt werden. Für diverse deutsche Mittelstädte mit unter 100000 Einwohnern, welche nur ein einziges UCI-Kino besitzen, hätte das zur Folge, dass es keinen neuen Fast & Furious oder Jurassic World Teil auf großer Leinwand gibt. Manch zynischer Cineast könnte nun meinen, dass dies kein allzu großer Verlust wäre. Allerdings finanzieren solche Blockbuster hintenrum wieder viele geliebte, wenn auch nicht immer finanziell erfolgreiche, Arthaus-Filmvorführungen. Und was die finanziellen Folgen solcher UCI-Kinos für die Mittelstadt als Kinostandort bedeuten könnte, könnt ihr euch selber ausmalen. Es bleibt also spannend, wie die ganze Geschichte ausgeht.

Und um der ganzen Universalgeschichte noch etwas mehr Gravitas zu geben, empfehle ich in folgende "Zeitsprung"-Episode reinzuhören:

In diesem Podcast erzählen sich zwei Historiker jede Woche eine Geschichte aus der Geschichte. In der verlinkten Folge erfahrt ihr, was die schwäbische Kleinstadt Laupheim mit der Gründung Universals sowie der Entstehung von Hollywood zu tun hat. Und welche Rolle spielt der Patenttroll Thomas Edison in der ganzen Sache? Findet es heraus!

Philipp: KiK it Short – Kurzfilmtipps

Ich bin jedes Mal aufs Neue begeistert, wie viel Liebe, Detail und vor allem Zeit die MacherInnen von Stop-Motion Filmen in ihre Projekte investieren. Schon als kleines Kind haben mich Filme wie Wallace & Gromit oder Nightmare Before Christmas in ihren Bann gezogen. Der Meister, der dieser Tricktechnik zur Perfektion verhalf, ist der unverkennbare Ray Harryhausen gewesen. Der Kampf Jasons gegen die neun Skelettkrieger aus Jason and the Argonauts oder der riesige Zyklop aus The 7th Voyage of Sinbad verzaubern mich bis heute und haben von ihrem Charme kein bisschen verloren. Aber ich schweife ab. Nachdem ich mal wieder auf der Suche nach neuem Kurzfilmfutter war, bin ich auf den schwedischen Kurzfilm Simhall (engl. Bath House) gestoßen. Die Animationsfilmemacherin Niki Lindroth von Bahr zeigt hierbei in einem Ausschnitt das Zusammentreffen von sechs Tieren in einer Schwimmhalle. Während zwei Wölfe sich im Wasser zu übertrumpfen versuchen, sind drei Mäuse dabei, das Chemikalienlager der Schwimmhalle auszurauben. Doch bald scheint alles außer Kontrolle zu geraten. Die leidtragende Bademeisterin, verkörpert von einer Giraffe, versucht die Kausalkette zu unterbrechen, stößt jedoch auf wenig Resonanz ihrer Umwelt. Die detailreichen Szenen und die liebevoll gestalteten Tierpuppen stehen im Kontrast zur kalten Umgebung der Handlung. Dem Zuschauenden überkommt ein ständiges Gefühl, in die Erzählung eingreifen zu müssen, um die sich anbahnende Katastrophe zu verhindern. Doch die Kamera fängt in dokumentarischen Bildern das Geschehen ein und agiert somit nicht anders als seine Umwelt – still, unbeteiligt, kalt. Eine Parabel auf unsere heutige Gesellschaft ist hierbei wohl kaum zu übersehen. Auch in ihrem bekannteren Kurzfilm Min börda von 2017, welcher unzählige Auszeichnungen und Festivalauswertungen erhielt, zeigt die Künstlerin ihre humoristisch-düstere Version des Hollywood Musicals der 50/60er Jahre. Auffällig ist, dass in jedem ihrer Kurzfilme nur Tiere und keine Menschen agieren. In einem Vortrag erwähnte Lindroth von Bahr, dass menschliche Puppen sie abschrecken würden und ihre Geschichten eine Art moderne Fabel darstellen. Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt auf ihre nächsten Projekte!

Wer jetzt immer noch nicht genug hat, der sollte sich folgende YouTube-Kanäle zu Herzen nehmen, die allesamt ein breites und wöchentlich neues Kurzfilmangebot aufzeigen: Future Shorts, Omeleto und Short of the Week. Neben teilweise mittelmäßigen Kurzfilmen lassen sich hin und wieder kleine Schätze finden. Ein Blick lohnt sich alle Mal!

Martin

Ich schreib' nicht viel! Zum Schluss nur ein Hinweis auf die nach meiner bescheidenen Meinung hübschesten Zusammenfassung unserer sogenannten "derzeitigen Situation": bitte hier klicken.

Und wer beim Hinausschauen aus dem Fenster noch nicht genug Katastrophe hat, der kann sich den folgenden Film anschauen, eine Art "Day After Tomorrow" von 1933 mit Bikini und besseren Spezialeffekten! New Yorks Vernichtung sah nie besser aus.